Um Unternehmen zukunftssicher zu machen, wird neben künstlicher Intelligenz oft die Blockchain-Technologie als Schlüsseltechnologie genannt. Dieser wohnen ebenfalls hohe Potentiale inne, welche auch für kleine und mittlere Unternehmen interessant sind. In diesem Nachgelesen erläutern wir, was eine Blockchain ist und welche Möglichkeiten sie Unternehmen bietet. Denn Blockchain steht nicht nur für Kryptowährungen.
Die Inhalte:
- Blockchain – die Technologie im Überblick
- Formen der Blockchain
- Anwendungsbeispiele für KMU
- Smart Contracts
- Rechtliche Aspekte
- Fazit
Blockchain-Technologie
Eine Blockchain ist im Grunde nichts anderes als eine virtuelle Datenbank, welche einige Besonderheiten bereithält. Die Einträge in dieser Datenbank erfolgen in chronologischer Reihenfolge und sie werden verschlüsselt geführt. Außerdem ist die Datenbank oft dezentral, das heißt nicht auf einem einzelnen Server gespeichert, sondern auf allen Geräten aller Nutzer. Begrifflich ist jeder Eintrag in die Datenbank ein „Block“ und die Aneinanderreihung dieser Blöcke ergibt die „Chain“, zu Deutsch die Kette.
Schaut man noch etwas genauer hin, ergeben sich sechs Merkmale einer Blockchain, die sie von einer Datenbank im klassischen Sinne unterscheiden:[1]
- Automatisierung
Neben der grundlegenden Programmierung für die Inbetriebnahme einer Blockchain, bedürfen Transaktionen keiner weiteren Programmierung oder Ähnlichem. Die Verwaltung erfolgt in der Regel über sog. Smart Contracts.
- Verkettung
Im Laufe der Zeit und mit immer mehr Transaktionen wächst die bisherige Datenkette, weil jeder neue Datensatz als Block angebaut wird.
- Unveränderlichkeit
Durch kryptografische (Verkettungs-)Verfahren können die in der Blockchain enthaltenen Datenblöcke später nicht mehr geändert werden.
- Dezentralität
Blockchains befinden sich regelmäßig nicht auf einem Server oder PC, sondern in sog. verteilten Systemen über das Internet. Das sind Zusammenschlüsse unabhängiger, gleichberechtigter Computer, wobei die Blockchain auf jedem teilnehmenden Rechner identisch gespeichert wird.
- Disintermediation
Aufgrund des verteilten Systems bedarf die Blockchain keines die Datenbank betreuenden Intermediäres, also keines Mittelsmannes oder Zwischenhändlers.
- Richtigkeit
Algorithmische Konsensprotokolle sorgen für die Richtigkeit der Transaktionen. Sie stellen sicher, dass auf allen teilnehmenden Rechnern die identische und korrekte Blockchain entsteht und gespeichert wird.
Formen der Blockchain
Grundsätzlich lassen sich Blockchains in die drei Ausgestaltungsformen öffentlich, privat und hybrid klassifizieren, wobei die Grenzen nicht starr sind und es Überschneidungen geben kann. Bei öffentlichen Blockchains ist das entscheidende Merkmal das der Dezentralität. Jedem Nutzer steht die Blockchain dergestalt offen, dass er Lese- und Schreibberechtigungen hat und so als Akteur teilnehmen kann. Bei privaten Blockchains ist dies gerade nicht der Fall und eine Teilnahme ist nur auf Einladung eines berechtigten Akteurs möglich. Der Vorteil einer privaten Blockchain liegt in der Skalierbarkeit. Regelmäßig kann hier nur der Host der Blockchain neue Blöcke erschaffen und validieren, was bei einer öffentlichen Blockchain durch alle Nutzer geschieht. Hybride Blockchains mischen diese Aspekte.
Anwendungsbeispiele für kleine und mittlere Unternehmen
Eine Blockchain kann für beliebige, sich verändernde oder anwachsende Daten genutzt werden. Sie ermöglicht eine entsprechende Buchführung bzw. Dokumentation[2].
Eine gelungene Darstellung von mittelstandgerechten Anwendungsbeispielen finden Sie in der Kurzstudie „Blockchain im Mittelstand“ (ab Seite 24), welche im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Fachdialogs Blockchain durchgeführt wurde.
Smart Contracts
Bei den bereits erwähnten Smart Contracts gilt es mit einigen Missverständnissen aufzuräumen. Entgegen der wörtlichen Übersetzung handelt es sich weder um Verträge (Contracts) noch müssen diese intelligent (smart) sein.
Smart bedeutet in diesem Zusammenhang nicht notwendigerweise den Einsatz einer künstlichen Intelligenz o. Ä., der Begriff umfasst lediglich den Einsatz einer Automatisierung und/oder Effizienzsteigerung. Ebenso wenig steht Contract für einen Vertrag im rechtlichen Sinne, wonach zwei Parteien zum gegenseitigen Leistungsaustausch verpflichtet werden. Vielmehr ist der Smart Contract von der Rechtsbeziehung getrennt zu betrachten und beschreibt lediglich automatisierte Rechtsvorgänge und Geschäftsabläufe.[3] Smart Contracts können in Blockchains zu deren Verwaltung implementiert werden, um die im Smart Contract programmierten und festgelegten Abläufe fälschungssicher zu machen. Dies schafft ein besonderes Vertrauen der jeweiligen Vertragspartner.[4]
Smart Contracts ließen sich demnach als eine Computersoftware oder ein Programmcode definieren, welche/welcher bestimmte Pflichten im Rahmen eines Rechtsverhältnisses automatisiert ausführt, sobald die von ihm selbstständig geprüften Voraussetzungen vorliegen. So können etwa Zahlungen oder Warenversendungen veranlasst werden.[3] Konkrete Anwendungen sind beispielsweise die automatisierte Auszahlung einer Entschädigung bei verspäteten Flügen oder Zugfahrten oder der automatisierte Zugriff auf Mietgegenstände, wie Mietfahrräder, bei denen der Zugriff vom Bestehen eines gültigen Vertrages oder einer entsprechenden Zahlung abhängig gemacht werden kann. Vor allem letzteres geschieht oft im Zusammenhang mit IoT (Internet of Things), also dem Internet der Dinge, bei dem Gegenstände und Geräte über das Internet miteinander vernetzt sind und interagieren.[5]
Smart Contracts bestehen als Code aus Wenn-Dann-Verknüpfungen. Das folgende Beispiel zeigt den Auszug eines Smart Contracts im Rahmen der Automatisierung einer Silomaisernte. Hier wird das Häckselgut am Silo über das digitalisierte Wiegeprotokoll innerhalb des Smart Contracts abgerechnet:[6]
Rechtliche Aspekte
Gesetzliche Regelungen zur Blockchain beziehen sich oft auf Kryptowährungen, da die Blockchain dort ihren Ursprung hatte. Realwirtschaftliche Vorgänge sind wenig gesetzlich begleitet. Daher finden sich Regelungen zur Blockchain im Gesetz über das Kreditwesen (KWG) und dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG). Danach zählen Kryptoverwahrgeschäfte zu den Finanzdienstleistungen im Sinne des KWG und das eWpG ermöglicht es Wertpapiere zu begeben , ohne es in Papierform verbriefen zu müssen. Statt der Verbriefung wird eine Wertpapierurkunde erstellt und in ein elektronisches Wertpapierregister eingetragen.
Auf europäischer Ebene wird für Anfang/Mitte 2024 die Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA) erwartet. Die Verordnung soll folgende Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten regulieren:
- Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte,
- Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte,
- Tausch von Kryptowerten gegen Nominalgeldwährungen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind,
- Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte,
- Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte,
- Platzierung von Kryptowerten,
- Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte,
- Beratung zu Kryptowerten und
- Portfolioverwaltung für Kryptowerte.
Die gegenwärtigen Regelungen entstammen dem Finanzsektor und sind daher stark finanzmarktbezogen. Das liegt unter anderem an der starken Verbreitung der Blockchain-Technologie im Bereich der Kryptowährungen und dem breiten Interesse privater Anleger und Investoren daran.
Nötig wird hier aber eine strikte regulatorische Trennung zwischen finanzwirtschaftlichen und realwirtschaftlichen Anwendungsfällen, um Unsicherheiten in kleinen und mittleren Unternehmen abzubauen, welche eher auf realwirtschaftliche Anwendungsfälle angewiesen sind.[7]
Fazit
In der Nutzung der Blockchain-Technologie lässt sich ein Trend dahingehend beobachten, dass nicht lediglich Kryptowährungen damit verwirklicht, sondern immer mehr realwirtschaftliche Anwendungsfälle entwickelt werden. Teilweise werden diese schon in die Tat umgesetzt, sodass künftig mit marktreifen Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen zu rechnen ist, ohne das Risiko einer ersten Entwicklung tragen zu müssen. Zumal eine komplette Neuentwicklung viel Know-how und entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen binden würde.
Quellen und weiterführende Literatur
- Paulus, JuS 2019, 1049.
- Paulus, JuS 2019, 1050.
- Paulus, JuS 2020, 107.
- Paulus, JuS 2020, 108.
- Heydn, T. Internet of Things: Probleme und Vertragsgestaltung MMR 2020, 503. back-online. https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata/zeits/mmr/2020/cont/mmr.2020.503.1.htm
- Stich, V., Schumann, J. H., Beverungen, D., Gudergan, G. & Jussen, P. (2019). Digitale Dienstleistungsinnovationen: Smart Services agil und kundenorientiert entwickeln (1. Aufl. 2019). Springer Vieweg.
- Gesmann-Nuissl, D. (2022, 10. Mai). Perspektiven: Blockchain & der Blick aufs Recht | Blockchain Europe. Blockchain Europe. Abgerufen am 16. Januar 2023, von https://blockchain-europe.nrw/perspektiven-blockchain-der-blick-aufs-recht/