Auf einen Blick
Durch eine gestiegene Produktkomplexität (u. a. durch hohe Variantenvielfalt) in Verbindung mit einem sich verschärfenden Fachkräftemangel geraten Unternehmen zunehmend unter Druck. Denn sie müssen trotz dessen kurze Lieferzeiten bei hoher Qualität gewährleisten. Um den Fachkräftemangel zu kompensieren, stellen Firmen zunehmend ausländisches Personal ein. Dies bringt besondere Anforderungen an die Einarbeitung sowie an die Arbeitsanweisungen mit sich.
Darüber hinaus sollte die Verschwendung – beispielsweise von Zeit und Maschinenkapazitäten – minimiert werden. Dadurch ist es möglich, geringe Kosten und kurze Durchlaufzeiten einzuhalten. Der Verschwendung entgegen wirkt eine Fehlerentdeckung und -beseitigung, die kurzfristig nach der Fehlerentstehung bzw. nah am Fehlerentstehungsort erfolgt. Insbesondere der Lean-Philosophie folgend dürfen keine fehlerhaften Produkte an Folgeprozesse übergeben werden. Deswegen sollte eine Qualitätssicherung an jedem Prozessschritt stattfinden. Da eine manuelle Qualitätssicherung nach jedem Prozessschritt zu aufwändig und eine herkömmliche automatisierte Qualitätssicherung zu unflexibel sein können, sind insbesondere Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) eine gute Alternative.
Potentiale
Durch den Einsatz von KI-Anwendungen kann die Flexibilität der Qualitätssicherung gesteigert werden. Ein Demonstrator des Mittelstand-Digital Zentrums Chemnitz verdeutlicht den Mehrwert: Es wurde eine kamerabasierte KI-Anwendung mit einem Nutzerinterface programmiert. Da das zugrundeliegende neuronale Netz selbst die relevanten Merkmale aus den aufgenommenen Bildern erkennt, sind keine Programmierkenntnisse nötig. Somit können Mitarbeitende selbstständig über die Nutzeroberfläche weitere Bilder aufnehmen, ein aufbauendes Training der KI starten und die Qualitätssicherung einfach auf neue Produktvarianten anpassen.
Mithilfe visueller Assistenzsysteme werden darüber hinaus Sprachbarrieren überwunden und ausländisches Personal besser in Prozesse involviert.
Maßnahmen und Lösungsansätze
Insbesondere bei Montageaufgaben eignen sich Lösungen der Augmented Reality sowie Pick- und Place-by-Light-Systeme. Ein Demonstrator des Digitalzentrums Chemnitz zeigt, wie Mitarbeitende Schritt-für-Schritt durch den Montageprozess geführt werden. Dabei leuchtet ein LED-Streifen auf – jeweils an dem Behälter des aufzunehmenden Bauteils. Anschließend wird mit einem Beamer der Ort, an dem das Bauteil auf dem Produkt platziert werden soll, angezeigt. Zudem prüft eine integrierte, kamerabasierte KI-Anwendung, ob das richtige Bauteil am richtigen Ort montiert wurde. Bei einer fehlerhaften Montage wird dem Mitarbeitenden auditiv und visuell direkt neben dem Produkt eine Rückmeldung gegeben. Er kann somit direkt nach der Fehlerentstehung entsprechend nachbessern und es werden keine fehlerhaften Produkte an den Folgeprozess übergeben.
Herausforderungen
Durch eine schrittweise Montageanleitung sowie Qualitätskontrolle können erfahrene Mitarbeitende ausgebremst werden. Bei der Einführung digitaler Technologien, insbesondere bei Assistenzsystemen, muss zwingend der Anwendernutzen Beachtung finden. Um diese Herausforderung zu adressieren, wurde der vorgestellte Demonstrator um einen Expertenmodus ergänzt, bei dem lediglich das fertig montierte Produkt durch die KI geprüft wird. Damit kann weiterhin sichergestellt werden, dass keine fehlerhaften Produkte an den Folgeprozess übergeben, aber gleichzeitig die Arbeitsabläufe erfahrener Mitarbeitenden nicht behindert werden.
Weiterführende Links
- Lean-Philosophie: https://refa.de/service/refa-lexikon/lean-management