Seit 2016 gilt die Verordnung über die Online-Streitbeilegung (ODR-VO) unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten. Ziel dieser Regelung war es, Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Unternehmen einen einfachen, schnellen und außergerichtlichen Weg zur Lösung von Konflikten zu ermöglichen. Die zentrale Anlaufstelle hierfür war die Online-Streitbeilegungsplattform (OS-Plattform), die von der EU-Kommission entwickelt und betrieben wurde. Grundsätzlich betroffen hiervon sind Betreiber von Webseiten und Online-Shops, die Waren oder Dienstleistungen an Verbraucherinnen und Verbraucher innerhalb der EU verkaufen. Nicht betroffen hingegen sind Unternehmen, die ausschließlich im B2B-Bereich tätig sind sowie der stationäre Handel.
Mit der Verordnung 2024/3228 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 2024 wird diese Plattform nun zum 20. Juli 2025 eingestellt.
Warum wird die Plattform eingestellt?
Die Entscheidung zur Abschaffung basiert auf einer Konsultation der EU-Kommission. Dabei wurden drei Hauptgründe genannt:
- Sehr geringe Nutzung: Weniger als 2 % der eingereichten Beschwerden führten tatsächlich zu einem Vermittlungsverfahren mit einer anerkannten Schlichtungsstelle.
- Geringe Beteiligung von Händlern: Zwar waren viele Händler verpflichtet, auf die Plattform zu verlinken – eine Teilnahme an den Schlichtungsverfahren erfolgte jedoch häufig nicht, denn eine Pflicht, die OS-Plattform zu nutzen oder auf Beschwerden von Verbrauchern zu reagieren, gab es nicht.
- Unverhältnismäßige Kosten: Der Betrieb der Plattform war angesichts der geringen Fallzahlen kostenintensiv und ineffizient.
Was bedeutet das für Ihre Informationspflichten?
Bisher waren Unternehmen in der EU verpflichtet, in ihrem Impressum, in den AGB sowie in Angebots-E-Mails einen leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform bereitzustellen. Zusätzlich musste auch eine gültige E-Mail-Adresse angegeben werden. Ein fehlender oder nicht funktionierender Link konnte in der Vergangenheit zu Abmahnungen führen – mit entsprechendem Risiko und Kostenaufwand.
Mit der Abschaltung der Plattform entfällt ab dem 20. Juli 2025 diese konkrete Informationspflicht. Da es aktuell noch unklar ist, ob ein nicht mehr funktionierender Link nach dem Abschaltdatum abmahnfähig ist, empfehlen wir auch, den Link erst nach dem 20. Juli 2025 aus allen Rechtstexten, E-Mails und Dokumenten zu entfernen. Denn bis dahin gilt die Verordnung weiterhin.
Fristen im Überblick
- Bis zum 20. März 2025: Letzter Tag zur Einreichung neuer Beschwerden über die OS-Plattform.
- Bis zum 19. Juli 2025: Alle laufenden Fälle werden abgewickelt.
- Bis spätestens 20. Juli 2025: Alle Daten, inklusive personenbezogener Informationen, werden gelöscht.
- Ab dem 20. Juli 2025: Die OS-Plattform ist nicht mehr erreichbar, der Link muss entfernt werden.
Wird es zukünftig einen Ersatz geben?
Die OS-Plattform wird nicht durch eine neue zentrale Streitbeilegungsplattform ersetzt. Artikel 4 der neuen EU-Verordnung zur Einstellung der OS-Plattform bestätigt dies, denn der Verweis auf die OS-Plattform wird künftig aus den Gesetzestexten gestrichen. Stattdessen enthalten sie nur noch eine Liste der von der EU-Kommission anerkannten Schlichtungsstellen. Eine zentrale Streitbeilegungsplattform, wie bisher, ist in den Regelungen künftig nicht mehr enthalten.
Bislang liegt lediglich das Gutachten des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 23. April 2024 vor, in dem die Abschaltung der OS-Plattform und stattdessen die Einführung eines modernen digitalen Informations- und Vermittlungstools vorgeschlagen wurde. Dieses neue Tool soll Verbraucherinnen und Verbraucher gezielt an bestehende außergerichtliche Streitbeilegungsstellen (ADR- Alternative Dispute Resolution) weiterleiten. Es soll also eine vermittelnde, aber keine schlichtende Funktion wie bisher übernehmen. Die Umsetzung steht derzeit aber noch aus.
Unser Tipp
- Lassen Sie bestehende Hinweise zur OS-Plattform bis zum 20. Juli 2025 unverändert.
- Entfernen Sie danach den Link und die zugehörigen Textstellen vollständig aus Ihrem Impressum, E-Mails, AGB und Rechtstexten.
- Beobachten Sie die Einführung des neuen digitalen Informationssystems – möglicherweise ergeben sich künftig neue Informationspflichten im Rahmen der ADR-VO.