Am 19. April 2023 hat das Bundeskabinett das neue Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland (Energieeffizienzgesetz, kurz EnEfG) beschlossen. Das Gesetz setzt konkrete Ziele zur Reduzierung des Energieverbrauchs und zur Erhöhung der Energieeffizienz in verschiedenen Sektoren fest. Die Bedeutung dieses Gesetzes für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist enorm, denn es legt konkrete Anforderungen an Unternehmen mit hohem Energieverbrauch fest, unabhängig von deren Größe. Sie sind verpflichtet, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzurichten und spezifische Anforderungen zu erfüllen. Durch das Wissen über das Energieeffizienzgesetz können KMU sicherstellen, dass sie die gesetzlichen Vorgaben erfüllen und mögliche Strafen oder Sanktionen vermeiden. Es ermöglicht auch, proaktiv Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz zu ergreifen, um die geforderten Ziele zu erreichen. Darüber hinaus bietet das Energieeffizienzgesetz eine Chance, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und ökonomische Vorteile zu erzielen. Durch den Einsatz digitaler Technologien und die Steigerung der Energieeffizienz können mittelständische Unternehmen Energiekosten senken, die Ressourceneffizienz verbessern und neue Marktchancen erschließen.
Mit dem neuen Energieeffizienzgesetz macht die Politik einen entscheidenden Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft und setzt ein wichtiges Signal für den Klimaschutz. Wir fassen die Neuerungen im Nachgelesen zusammen:
- Einführung in das neue Energieeffizienzgesetz und seine Ziele
- Erklärung der rechtlichen Rahmenbedingungen für KMU im Zusammenhang mit der Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes
- Vorteile der Digitalisierung für die Energieeffizienz von Unternehmen
- Ausblick auf die Bedeutung von Energieeffizienz für die Zukunft von KMU und die Rolle von digitalen Technologien dabei
Einführung in das neue Energieeffizienzgesetz und seine Ziele
In Zeiten steigender Energiekosten und zunehmender Umweltprobleme hat die Politik erkannt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Es ist an dieser Stelle besonders wichtig, nicht nur Empfehlungen (beispielsweise zum Energiesparen) auszusprechen, sondern der Thematik Nachdruck zu verleihen, etwa durch Gesetze. Dafür wurde am 19.04.2023 der von Bundesminister Habeck vorgelegte Gesetzesentwurf des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG)[1] beschlossen. Durch dieses Gesetz wird das Energiesparen erstmals in einem klaren rechtlichen Rahmen verankert. Es legt konkrete Ziele zur Senkung des Energieverbrauchs fest, die den europäischen Anforderungen entsprechen und sich aus der Novelle der EU-Energieeffizienzrichtlinie für Deutschland bis 2030 ergeben. Das Gesetz schreibt auch konkrete Einsparvorgaben für die öffentliche Hand vor und definiert Effizienzstandards für Rechenzentren.
Energieeffizienzziele
Die Konsequenzen eines ungebremsten Energieverbrauchs sind gravierend und betreffen sowohl die Umwelt als auch die wirtschaftliche und soziale Stabilität. Daher ist es wichtig, den Energieverbrauch zu reduzieren und auf effizientere und nachhaltigere Energiequellen umzusteigen. Das EnEfG definiert Ziele für die Senkung des Primär- und Endenergieverbrauchs in Deutschland bis 2030. Zusätzlich werden Ziele für 2040 und 2045 festgelegt, um frühzeitige Planungs- und Investitionssicherheit zu gewährleisten. Diese Ziele sollen im Jahr 2027 überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Für den Endenergieverbrauch bedeutet dies eine Reduzierung um mehr als 560 Terrawattstunden (TWh) bis 2030 im Vergleich zu 2008 (Abbildung 1).
Durch die Senkung des Primär- und Endenergieverbrauchs wird der Ausstoß von Treibhausgasen reduziert. Gleichzeitig strebt Deutschland durch die Verringerung des Imports und Verbrauchs von fossilen Energien eine größere Energieunabhängigkeit an. Effizientere Prozesse und Technologien können die Energiekosten senken und die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Die langfristigen Ziele bis 2040 und 2045 bieten Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit, während die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Ziele sicherstellen, dass sie den aktuellen Entwicklungen gerecht werden.
Verpflichtung von Bund und Ländern zur Energieeinsparung
Ab 2024 müssen der Bund und die Länder im Einklang mit den EU-Vorgaben jährlich Energieeinsparmaßnahmen ergreifen, die bis 2030 eine jährliche Einsparung von 45 TWh (Bund) bzw. 5 TWh (Länder) an Endenergie bewirken. Öffentliche Stellen mit einem Jahresverbrauch von 1 Gigawattstunde oder mehr müssen jährliche Einsparungen beim Endenergieverbrauch von 2 Prozent pro Jahr bis zum Jahr 2045 erreichen. Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sind von einigen Verpflichtungen befreit, sollten jedoch alle zumutbaren und verhältnismäßigen Endenergieeinsparmaßnahmen ergreifen. Wohnungsunternehmen, die öffentliche Stellen sind, sind von den Verpflichtungen ausgenommen. Die Länder müssen den Gesamtendenergieverbrauch aller öffentlichen Stellen und Kommunen in ihren Grenzen ermitteln und der zuständigen Stelle melden. Öffentliche Stellen, die zur unmittelbaren und mittelbaren Staatsgewalt des Bundes zählen, werden nicht erfasst. (Entwurf EnEfG 2023, §5)
Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bei der Energieeinsparung
Öffentliche Einrichtungen auf Bund-, Länder- und Kommunalebene sowie andere öffentliche Stellen sind verpflichtet, Energie- oder Umweltmanagementsysteme zu implementieren und Energieeffizienzmaßnahmen umzusetzen. Dies geschieht im Rahmen der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bei der Steigerung der Energieeffizienz, mit dem Ziel einer jährlichen Gesamtendenergieeinsparung von zwei Prozent. Darüber hinaus müssen Bund und Länder Energieverbrauchsregister erstellen, um den Energieverbrauch von öffentlichen Einrichtungen, einschließlich Liegenschaften, Mobilität und Informations- und Kommunikationstechnologie, zu erfassen und die Einhaltung der Vorgaben zu überwachen. (Entwurf EnEfG 2023, §6)
Pflichten für Unternehmen
Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von über 15 Gigawattstunden (GWh) in den letzten drei Kalenderjahren müssen ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einrichten. Unternehmen, die diesen Status erlangen, haben zwanzig Monate Zeit, um dies umzusetzen. Als Teil des Energie- oder Umweltmanagementsystems muss ein solches Unternehmen mindestens die folgenden Anforderungen erfüllen:
- Erfassung von Energieflüssen, Prozesstemperaturen, abwärmeführenden Medien und deren Temperaturen, Wärmemengen und möglichen Inhaltsstoffen sowie Bewertung der Möglichkeiten zur Abwärmerückgewinnung und -nutzung
- Identifizierung und Darstellung von technisch umsetzbaren Endenergieeinsparmaßnahmen und Abwärmerückgewinnung
- Bewertung von energiebezogenen Investitionen nach DIN EN 17463
(Entwurf EnEfG 2023, §8)
Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh müssen innerhalb von drei Jahren konkrete Umsetzungspläne für alle wirtschaftlich identifizierten Endenergieeinsparmaßnahmen erstellen und veröffentlichen, die in ihren Energie- oder Umweltmanagementsystemen oder Energieaudits enthalten sind. Eine Maßnahme gilt als wirtschaftlich, wenn der Kapitalwert nach DIN EN 17463 maximal 50 Prozent der Nutzungsdauer positiv ist und auf Maßnahmen mit einer Nutzungsdauer von höchstens 15 Jahren begrenzt ist. Die Unternehmen müssen die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Umsetzungspläne vor der Veröffentlichung von Zertifizierern, Umweltgutachtern oder Energieauditoren bestätigen lassen und dies dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle nachweisen. (Entwurf EnEfG 2023, §9)
Energieeffizienz- und Abwärmeanforderungen für Rechenzentren
Das EnEfG erwähnt ausdrücklich auch Rechenzentren, die aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung eine immer wichtigere Rolle spielen und einen hohen Stromverbrauch aufweisen. Gemäß § 12 des Gesetzes besteht die Verpflichtung für Betreiber von Rechenzentren, bis zum 1. Juli 2025 ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einzuführen. Dabei sind regelmäßige Messungen der elektrischen Leistung und des Energiebedarfs erforderlich, um Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz zu ergreifen. Ab dem 1. Januar 2025 müssen Rechenzentren mit einer nicht redundanten Nennanschlussleistung von 1 Megawatt (bzw. 200 Kilowatt für öffentliche Träger) ihr System validieren oder zertifizieren lassen. Eine Ausnahme besteht für Rechenzentren, deren wiederverwendete Energie über ein Wärmenetz zu mindestens 50 Prozent genutzt wird und deren durchschnittlicher Gesamtendenergieverbrauch in den letzten drei Jahren unter 15 GWh lag. Für Betreiber von Informationstechnik gilt eine entsprechende Handlungspflicht und ab einer nicht redundanten Nennanschlussleistung von 500 Kilowatt (200 Kilowatt für öffentliche Träger) müssen auch sie ihr System validieren oder zertifizieren lassen. (Entwurf EnEfG 2023, §11-12)
Vermeidung und Verwendung von Abwärme
Unternehmen müssen nach dem aktuellen Stand der Technik Abwärme vermeiden und die technisch unvermeidbare Abwärme reduzieren. Sie sollen die anfallende Abwärme durch Maßnahmen zur Energieeinsparung wiederverwenden, sowohl innerhalb der Anlage als auch auf dem Betriebsgelände und bei externen Partnern. Die rückgewonnene Abwärme sollte dabei effizient genutzt werden, indem sie mehrfach kaskadenartig wiederverwendet wird. Diese Verpflichtungen gelten nicht für genehmigungspflichtige Anlagen, die spezifischere Anforderungen gemäß dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erfüllen müssen. Unternehmen mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von 2,5 GWh oder weniger können von diesen Verpflichtungen ausgenommen sein. (Entwurf EnEfG 2023, §14)
Der nächste Schritt besteht darin, dass das Gesetz in das parlamentarische Verfahren eingebracht wird. Der Bundestag wird über den Entwurf des Energieeffizienzgesetzes beraten. Am 25.05.2023 fand die erste Lesung im Bundestag statt.
Vorteile der Digitalisierung für die Energieeffizienz
Im Energieeffizienzgesetz werden Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz festgelegt. In diesem Kontext spielen digitale Technologien eine entscheidende Rolle. Die Digitalisierung bietet kleinen und mittleren Unternehmen zahlreiche Vorteile zur Verbesserung der Energieeffizienz.
- Überwachung und Steuerung: Durch die Vernetzung von Geräten, Sensoren und Systemen können Unternehmen ihren Energieverbrauch in Echtzeit überwachen und steuern. Das ermöglicht eine präzise Kontrolle über den Energieeinsatz und die Identifizierung von Einsparpotenzialen.[2]
- Energiemanagement-Systeme: Digitale Lösungen bieten die Möglichkeit, Energiemanagement-Systeme einzuführen und zu nutzen. Diese Systeme erfassen und analysieren Daten zum Energieverbrauch und identifizieren ineffiziente Bereiche. Unternehmen können so gezielt Maßnahmen ergreifen, um ihren Energieverbrauch zu optimieren.[2]
- Energiedatenanalyse: Mithilfe von Datenanalyse und Machine Learning-Algorithmen können Unternehmen zukünftige Energieverbrauchsmuster vorhersagen. Das ermöglicht eine präventive Planung von Energieeffizienzmaßnahmen und eine bessere Ressourcenallokation.[2]
- Automatisierung: Digitale Technologien ermöglichen die Automatisierung von Prozessen, was zu einer effizienteren Nutzung von Energie führt. Durch den Einsatz von intelligenten Systemen und Automatisierungstechnologien können Unternehmen energieintensive Abläufe optimieren und den Energieverbrauch reduzieren.[2]
- Fernüberwachung und Fernsteuerung: Mit digitalen Lösungen können Unternehmen ihre Energieinfrastruktur aus der Ferne überwachen und steuern. Das ermöglicht eine effektive Überwachung von Energieverbrauch, -produktion und -effizienz in verschiedenen Standorten oder Anlagen, was zu schnellen Reaktionszeiten und Energieeinsparungen führen kann.
- Energiespar-Apps und -Tools: Es gibt eine Vielzahl von mobilen Apps und Online-Tools, die KMU bei der Energieeffizienz unterstützen. Diese Anwendungen bieten beispielsweise Tipps zur Energieeinsparung, Energieverbrauchsvergleiche mit anderen Unternehmen oder Empfehlungen für effizientere Geräte. KMU können solche Ressourcen nutzen, um ihr Bewusstsein für Energieeffizienz zu stärken und geeignete Maßnahmen umzusetzen.
Zusammenfassung
Das Energieeffizienzgesetz legt fest, dass Unternehmen mit einem hohen Energieverbrauch verpflichtet sind, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzurichten und bestimmte Anforderungen zu erfüllen. In diesem Zusammenhang spielt die Digitalisierung eine bedeutende Rolle. Durch den Einsatz digitaler Technologien können KMU ihre Energieeffizienz steigern und sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile erzielen. Digitale Lösungen ermöglichen eine präzisere Überwachung und Analyse des Energieverbrauchs, die Identifizierung von Einsparpotenzialen und die Umsetzung maßgeschneiderter Effizienzmaßnahmen. Es ist wichtig, dass KMU die Bedeutung der Energieeffizienz erkennen, die rechtlichen Anforderungen erfüllen und die Potenziale der Digitalisierung gezielt nutzen. Eine effiziente Nutzung von Energiequellen, die Integration erneuerbarer Energien und die Implementierung innovativer Technologien werden eine wichtige Rolle spielen, um nachhaltig und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Zukunft bietet zahlreiche Entwicklungen und Chancen im Bereich der Energieeffizienz und Digitalisierung, auf die KMU aktiv zugehen sollten, um ihre Unternehmensziele zu erreichen und einen positiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Quellen
- Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland (Energieeffizienzgesetz, kurz EnEfG) (2023). Abgerufen am 5. Mai 2023 von https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Gesetz/entwurf-enefg.pdf?__blob=publicationFile&v=6
- Bertschek, Irene et al. (2020): Schwerpunktstudie Digitalisierung und Energieeffizienz. Erkenntnisse aus Forschung und Praxis. Abgerufen am 5. Mai 2023 von https://www.econstor.eu/bitstream/10419/230964/1/1749088010.pdf
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