#Praxistipp
Ausgangssituation
Die Wartung und Instandhaltung von Maschinen sind mit einem hohen personellen und zeitlichen Aufwand sowie dem Einsatz spezialisierter Dienstleister verbunden. Gerade die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass effizientere Abläufe und neue Wege benötigt werden, um diese Vorgänge durch den Einsatz neuer Technologien zu reduzieren, ohne die Sicherheit unternehmensspezifischer Daten zu gefährden. Hier kann die zunehmende Digitalisierung im Maschinen- und Anlagenbau Entlastung bringen. Beispielsweise durch remote Maschinenkalibrierung in Verbindung mit, einem einfachen Messsystem und AR-unterstützen Messablauf. Eine digitale Dienstleistungsplattform verringert die personellen und zeitlichen Aufwendungen und kann gleichzeitig den Anwendenden entlasten. Die Lösung bewirkt eine deutliche Reduzierung der Maschinenstillstandszeiten und vermindert zudem den Dienstreiseaufwand. Dadurch können Kosten und Personalaufwand deutlich reduziert werden.
Herausforderung
Forschende unseres Konsortialpartners Fraunhofer IWU standen vor der Herausforderung, datengetriebene Dienstleistungen (DL) im Anwendungsfeld der Produktion zusammen mit einer internetbasierten, auditfähigen, herstellerunabhängigen Dienstleistungsplattform einzuführen. Dabei sollten außerdem nur standardisierte Schnittstellen eingesetzt werden. Ziel des Projektes war die Entwicklung eines KMU-tauglichen Systems. Denn im Maschinen- und Anlagenbau war so etwas bislang nicht vorhanden. Als zielführendes Beispiel entschied sich das Projektteam für die zyklische oder ereignisbezogene Neu- bzw. Wiederholüberprüfung der Genauigkeit einer Werkzeugmaschine (WZM) sowie deren Kalibrierung. An dieser Maschine wurden die benötigten Technologien entwickelt und demonstriert. Es galt, den gesamten Prozess zu transformieren und zu digitalisieren. Es soll dem Bedienenden einer Maschine erlaubt sein, Messungen an der Maschine – unterstützt durch Augmented Reality (AR) ‒ selbstständig durchzuführen, das Messprotokoll anschließend zu speichern, über eine digitale Plattform bereitzustellen, Ergebnisse vom Dienstleister zu erhalten und Korrekturen an der Maschine durchzuführen. Gleichzeitig musste das zu entwickelnde Ökosystem, hauptsächlich die zugehörige „AUDIo-Plattform“ mit angeschlossenem Marktplatz, generisch genug bleiben, um auch für andere Dienstleister mit eigenen Geschäftsmodellen attraktiv zu sein.
Vorgehen
Die Entwicklung basiert auf dem Prototyp eines DoubleBallBar-Messsystems (DBBM) der TU Dresden. Diesen entwickelte das Projektteam zu einer mobilen Version weiter und verband ihn mit einem AR-Unterstützungssystem. So können Maschinenbedienende das DBBM gemäß den Dienstleistervorgaben nutzen ohne, dass eine service-technische Fachkraft vor Ort sein muss. AR-Technologien erleichtern komplexe Arbeitsschritte, besonders in der Produktionsumgebung. Bisherige Anwendungen konzentrieren sich auf Kommissionierung und manuelle Montage. Für die Inbetriebnahme und Vermessung von Werkzeugmaschinen ist die Komplexität und Heterogenität solcher Systeme eine Herausforderung. Das Projekt bietet einen Mehrwert durch die Unterstützung bei der Nutzung des Double-Ball-Bars.
Im automatisierten Fall führt der Maschinenbedienende eine Messfahrt durch, die Daten werden erfasst und an den Dienstleisterserver geschickt. Algorithmen berechnen Achswertkorrekturparameter, die zurück an das Gateway und die Maschinensteuerung gehen. Im manuellen Fall überträgt der Maschinenbedienende Daten händisch. Ein AR-Assistenzsystem führt durch alle Schritte, von DBBM-Aufbau bis Datenversand. Es erkennt Komponenten und stellt einen Echtzeit-Datenlink zur Maschinensteuerung her, implementiert für AR-Brille, Tablet und PC. Für Vertrauen und Sicherheit der Daten wurde die Distributed-Ledger-Technologie IOTA integriert. Ähnlich zur Blockchain sichert IOTA Daten gegen nachträgliche Änderungen, jedoch bietet der gerichtete azyklische Graph von IOTA höheren Datendurchsatz und Schutz.
Lösung
Der Dienstleistungserbringer kann die notwendige Auswertung der Daten und die mathematischen Berechnungen zur Gewinnung der Kalibrierparameter ortsunabhängig sowie unter Einbezug von maschinellen Lernalgorithmen durchführen. Die Ergebnisse werden dem Maschinenbetreibenden über dieselbe auditfähige Dienstleistungsplattform zur Verfügung gestellt. Diese im Projekt geschaffene Plattform als Zentrum der „Smart Services“ übernimmt die Vorvertragsabwicklung, also die Auswahl der Dienstleistungsart über den integrierten Marktplatz, Preismodell sowie den Datenaustausch, bzw. die Bereitstellung der API-Keys für automatisierte Ausführung. Die Besonderheit ist hierbei, dass ein Fingerabdruck sämtlicher Audit-relevanten Kommunikation im IOTA-Tangle abgelegt und somit gegen nachträgliche Manipulation gesichert wird.