Barrierefreiheit – neue Anforderungen ab 2025Barrierefreiheit – neue Anforderungen ab 2025

In einer inklusiven Gesellschaft sind Produkte und Dienstleistungen allen gleichermaßen zugänglich. Wer ab 2025 Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anbieten muss, fassen wir im Beitrag zusammen.

Auf einen Blick

In Europa und Deutschland ist der Bedarf an barrierefreien Produkten und Dienstleistungen hoch. Bedingt durch die Alterung der Gesellschaft wird er voraussichtlich sogar noch steigen. Menschen mit Behinderungen sollen in einer inklusiven Gesellschaft selbstständig und unabhängig leben. Darum hat das Europäische Parlament in seiner Richtlinie 2019/882 Anforderungen an die Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen, die sich an Verbraucher richten, einheitlich festgelegt. Innerhalb von Deutschland regelt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (kurz: BFSG) die Umsetzung. Spätestens ab dem 28. Juni 2025 müssen neue Produkte und Dienstleistungen für Verbraucher barrierefrei sein.

Begriffsdefinition

Die UN-Behindertenrechtskonvention definiert den Begriff der Behinderung wie folgt: Es gelten diejenigen Menschen als behindert, „die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“ (UN 2006, Artikel 1).

Potentiale für KMU

Die Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen sind in den europäischen Mitgliedsstaaten bislang sehr unterschiedlich. Das hält Unternehmen davon ab, auch in ausländischen Märkten Fuß zu fassen und wirkt sich auf die Wettbewerbsfähigkeit aus. Mit den bald einheitlichen Anforderungen sollen kleine und mittlere Unternehmen (kurz: KMU) die Möglichkeiten des EU-Binnenmarktes künftig voll ausschöpfen können.

Mit der Umstellung auf barrierefreie Angebote können Unternehmen darüber hinaus ihr Image stärken und in soziale Nachhaltigkeit investieren. Wer digitale Teilhabe als Aspekt der eigenen Digitalisierungsstrategie versteht, wird langfristig mehr Kundinnen und Kunden erreichen können. Zusätzlich korrelieren viele der Anforderungen, bspw. in Bezug auf den strukturierten Seitenaufbau oder korrekt formatierte Überschriften, mit den Kriterien gängiger Suchmaschinen. Barrierefreie oder barrierearme Websites punkten folglich nicht nur bei den Nutzenden, sondern werden auch von Suchmaschinen besser bewertet. In puncto Wettbewerb kann das ein Vorteil sein.

Anwendungsbereiche in KMU – Welche Unternehmen sind betroffen?

Unter das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz fallen

  • alle Hersteller, Händler oder Importeure von den im Gesetz benannten Produkten sowie
  • Erbringer der im Gesetz genannten Dienstleistungen.

Ausgeschlossen sind Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und max. 2 Millionen Euro Jahresumsatz. Allerdings sollten auch diese möglichst viele Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn Verbraucherinnen und Verbraucher werden sich an Standards gewöhnen und die Betriebsgröße nicht als Maßstab ansetzen. Darum ist es ratsam, dass auch Kleinstunternehmen einen barrierefreien Onlineauftritt anbieten.

Produkte im Sinne des BFSG

  • Computer
  • Notebooks
  • Talets
  • Smartphones
  • Geldautomaten
  • Fahrausweis- und Check-in-Automaten
  • E-Book-Lesegeräte
  • Router

Dienstleistungen im Sinne des BFSG

  • Telefondienste
  • E-Books
  • Messenger-Dienste
  • auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen im überregionalen Personenverkehr
  • Bankdienstleistungen
  • elektronischer Geschäftsverkehr
  • Personenbeförderungsdienste

Herausforderungen

Eine der größten Herausforderungen bei der Umsetzung des BFSG in Unternehmen ist das benötigte Fachwissen. Wer es sich nicht leisten kann, Dienstleister mit der Umsetzung zu beauftragen, ist darauf angewiesen, sich selbst das nötige Wissen anzueignen oder Mitarbeitende mit der Umsetzung zu betrauen. Gerade der Wissenserwerb ist mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden. Um drohende Bußgelder zu vermeiden, sollten sich Unternehmen daher frühzeitig mit den Anforderungen und ihrer Umsetzung auseinandersetzen. Denn das BFSG beziffert in § 37 Abs. 2 Geldbußen von 10.000 Euro bis zu 100.000 Euro.

Tipps und Tools für die Beurteilung der Barrierefreiheit

Die gängigen Browser bieten inzwischen integrierte Hilfsmittel an, mit denen Sie solche Hindernisse identifizieren können. Mozilla Firefox verfügt über ein Barrierefreiheits-Entwickler-Tool (Tastenkombination Umschalt+F12). Google Chrome bietet mit dem Lighthouse Accessibility Audit ebenfalls ein Werkzeug, mit dem Sie einen Barrierefreiheitsreport Ihrer Website erstellen können.

Neben den integrierten Hilfsmitteln gibt es zudem einige kostenfreie Tools, die als Browser Add-on genutzt werden können. Beispielhaft sei auf Wave (für Chrome, Firefox und Edge verfügbar) verwiesen.

Links und weiterführende Informationen

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