Materialfluss simulieren
Materialflusssimulationen ermöglichen es, komplexe Zusammenhänge in der Produktion vielseitig zu prüfen und abzusichern. Meist verfolgen diese Modelle jedoch einen festen Zweck, bspw. die virtuelle Inbetriebnahme oder das Prüfen von Anlagenanpassungen und Durchsatzzielen. Die Erweiterung um energetische Aspekte zu den logistischen Zielgrößen kann besonders in Zeiten hoher Energiepreise ein lohnendes Einsatzszenario sein, um Simulation mit Mehrwerten für die Energieeffizienz oder Energieflexibilität durchzuführen. Energetische Hot Spots lassen sich besser identifizieren und Maßnahmen schon vor ihrer Realisierung simulieren. Jedoch können besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) die Aufwandsabschätzungen für solche Projekte sehr undurchsichtig sein. Der Digitalisierungstipp soll helfen, die Grundlagen im Vorgehen zu strukturieren.
Herausforderung
Materialflusssimulation erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Simulationsexperten und Mitarbeitenden aus verschiedenen Fachabteilungen. Zudem müssen erhobene Daten mit der realen Produktion abgeglichen werden. Daraus ergeben sich vielseitige Abstimmungen zwischen den beteiligten Personen sowie auch Vorarbeiten zur Simulation selbst. Die Betrachtung von energetischen Einflüssen erweitert diese Aufgaben zusätzlich. Ein geordnetes Vorgehen und Strategien zur Datenerhebung und Entscheidungsfindung sind daher nötig, um die Modellerstellung und Experimente effizient zu gestalten.
Vorgehen
Um eine Materialflusssimulation mit energetischen Betrachtungen zu erstellen, sind ein Vorgehensmodell, Mitarbeitende aus verschiedenen Fachbereichen sowie produktions- und energierelevante Daten notwendig.
Das allgemeine Vorgehen wird durch die VDI-Richtlinie 3633-1 vorgegeben. Diese Richtlinie leistet Hilfe bei Entscheidungen vor und während der Modellerstellung. Vor allem die Simulationswürdigkeit der Aufgabenstellung sollte eingehend geprüft werden.
Zudem wird einerseits ein Simulationsexperte benötigt, andererseits auch die Mitarbeitenden aus den jeweiligen Produktionsbereichen, um die benötigten Daten und Informationen zur Verfügung zu stellen. Simulation erfordert enge Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen und dem Simulationsexperten, um sich über Modellierungsgenauigkeit und -entscheidungen zu verständigen.
Die Datenakquise ist ein weiterer essenzieller Bestandteil der Modellerstellung und sollte daher strukturiert angegangen werden. Als Hilfsmittel für die Erhebung einer ersten Datenbasis für Produktions- und Energiedaten können Datenbanken, Dokumente vom Energieversorger, Schätzwerte oder Messdaten dienen.
Abbildung 1: Ausschnitt simulierter Anlagenbereich
Lösung
Zuerst sollte sich über die Simulationswürdigkeit verständigt werden. Gründe für Simulation liegen meist in komplexen Abhängigkeiten von Prozessen oder in unsicherer Datenlage sowie fehlenden Rechenmodellen. Bei einer energetischen Simulation liegen zusätzlich noch hohe Energieverbräuche und -kosten als Treiber vor.
Im Falle einer Simulationsstudie wird die Zielbeschreibung und Aufgabenspezifikation konkretisiert, um den Betrachtungsraum einzugrenzen. Eine Systemanalyse hilft, die benötigten Daten aus Produktion und Organisation zu erheben. Energiedaten können über Messungen, Datenbanken, Schätzungen oder mathematische Modelle erhoben werden (DIN EN 16247-1:2012-10 und VDI-Richtlinie 4661:2014-08). Diese Daten werden formalisiert und anschließend in die Simulationsumgebung implementiert. Validiert wird das Modell in enger Zusammenarbeit mit den Fachexperten, um die hinreichend genaue Abbildung der Realität sicherzustellen. Zur Nutzung des Modells müssen Experimente definiert und analysiert werden, um entweder energetische Einflüsse zu simulieren oder anhand der durchgespielten Szenarien eine Planungsentscheidung zu treffen.
Sobald das Modell einsatzbereit ist, können Experimente definiert, durchgeführt und analysiert werden. Somit kann neben der Produktion auch die Energieeffizienz und -flexibilität in die Simulation einbezogen und ein zusätzlicher Mehrwert von Simulationsmodellen generiert werden.