Sachverhalt auf einen Blick
Zwei Parteien streiten über einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit der Versendung von Werbe-E-Mails. Der Kläger ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen mit Mitgliedern aus verschiedenen Branchen. Die Beklagte ist Einzelhändlerin, sowohl stationär als auch online. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erwarb Kleidung bei der Beklagten und meldete sich zum Kundenbindungsprogramm (Kundenkarte) der Beklagten an. Dabei willigte er in folgende Erklärung ein:
„Einwilligung in das Kundenkartenbonusprogramm. Ich bin damit einverstanden, dass die von mir angegebenen persönlichen Daten (… E-Mail-Adresse …) sowie meine Kaufrabattdaten (Kaufdaten und Kaufpreis) zum Zwecke des Kundenkartenprogramms und für Werbezwecke (… per E-Mail) von der A GmbH & Co. KG gespeichert, verarbeitet und genutzt werden.“
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers widerrief in der Folgezeit seine Einwilligung. Er war der Ansicht, die Einwilligung sei nicht wirksam erteilt worden. Die Beklagte versendet dennoch weiterhin Werbe-E-Mails mit der Begründung, dass durch die Einwilligung zwei Arten von Werbe-E-Mails legitimiert seien – zum einen personalisierte Werbe-E-Mails, zum anderen der allgemeine Newsletter der Beklagten.
Urteil des OLG Hamm vom 03.11.2022 – 4 U 201/21
Das Gericht gab dem Kläger Recht. Einige der versendeten Werbe-E-Mails seien eine unzulässige geschäftliche Handlung, da sie die Marktteilnehmer (den Prozessbevollmächtigten des Klägers) in unzumutbarer Weise belästigten. Die Werbe-E-Mails seien ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung versendet und verstießen so gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Der Werbende muss darlegen und beweisen, dass im Zeitpunkt der Werbung eine ausdrückliche Einwilligung vorlag. Dies konnte die Beklagte vorliegend nicht. Die Einwilligungserklärung sei nicht eindeutig formuliert gewesen. Für das Verständnis eines durchschnittlichen Kunden hätte die Beklagte auf die Unterscheidung und Aufspaltung der Einwilligung in einen personalisierten und in einen allgemeinen Teil hinweisen müssen.
Relevanz für Unternehmen
Das Urteil befasst sich mit dem weiten Feld der rechtmäßigen Einwilligung in den Erhalt von Werbung, hier in Form von Werbe-E-Mails. Das Urteil zeigt auf, dass Werbung nicht gleich Werbung ist. Es unterscheidet (wie auch die Beklagte) zwischen der personalisierten Werbung durch konkrete Produktvorschläge mit einer persönlichen Ansprache in der Werbe-E-Mail und der nicht-personalisierten Werbung durch einen allgemeinen Newsletter.
Möchten Unternehmen in einem Vorgang die Einwilligung in mehrere Werbeformen einholen, ist zu raten, dies klar und deutlich zu formulieren. Es muss konkret benannt werden, welche Werbemaßnahmen erfasst sind und auf welche Produkte oder Dienstleistungen sie sich beziehen. Das bedeutet, jede Einwilligung in eine Werbeform in einer gesonderten Erklärung einzuholen und sie nicht in Textpassagen einzubinden, die andere Hinweise oder gar andere Erklärungen enthalten.